Nach vielen Anfragen und Anregungen verschiedener Schulen habe ich einen (leider) sehr ausführlichen Blogbeitrag zum Thema Distanzunterricht in Corona-Zeiten verfasst.

Ich hatte zwar eher vermutet, dass das Thema bereits durch ist. Aber viele Schulen haben weiterhin noch keine mobilen Endgeräte aus dem Digitalpakt erhalten und stehen somit eher noch vor dem Thema/Problem Distanzunterricht.

D.h. das Thema brennt vielen Schulen und Schulträgern unter den Nägeln.

Der Artikel umfasst alle wesentlichen Kriterien zum Themenbereich Präsenz- und Distanzunterricht, die derzeit in der Politik und in Schule diskutiert werden.

Er beinhaltet die technischen, organisatorischen, pädagogischen und didaktischen Voraussetzungen für den Distanzunterricht,
zeigt eine mögliche (fachfreie) Umsetzung im Unterricht und berücksichtigt weitere Kriterien wie Leistungsbewertung, Zertifizierung sowie den Datenschutz sowie einen Ausblick, wie Distanzunterricht in der Zukunft aussehen könnte…

  1. Einleitung
  2. Präsenz- versus Distanzunterricht
  3. Distanzunterricht – asynchron versus synchron
    3.1 Asynchroner Distanzunterricht
    3.2. Synchroner Distanzunterricht
  4. Voraussetzungen für den Distanzunterricht
    4.1. Technische Voraussetzungen
    4.2. Organisatorische Voraussetzungen
    4.3. Pädagogische Voraussetzungen
    4.4. Didaktische Voraussetzungen

  1. Umsetzung von Distanzunterricht
    5.1. Unterrichtsbeginn
    5.2. Unterrichtsverlauf
    5.3. Unterrichtsende/Unterrichtsübergabe
  1. Leistungsbewertung im Distanzunterricht
  2. Zertifizierung/Qualifizierung von Distanzunterricht
  3. Datenschutz und Datensicherheit
  4. Ausblick
Distanzlernen Home Office Bild
  1. Einleitung

Wir sind es gewöhnt in einer evolutionären Welt zu leben. Veränderungen finden in unserem Leben langsam statt, häufig in einem solch langsamen Tempo, dass wir die Veränderungen gar nicht als Veränderungen wahrnehmen. Schule ist ein sehr schönes Beispiel für diese Art der langsamen Veränderungen, egal ob wir die Gebäudestrukturen, die Lehrpläne, die digitale Infrastruktur, die Lernkonzepte oder den Stundeplan betrachten. Schule hat sich im Kern nicht verändert, sondern verändert sich überwiegend im Kleinen bzw. am Rande durch viele kleine Änderungen, Anpassungen und Korrekturen.

Digitalisierung und die daraus entstandene Globalisierung hat jedoch das Tempo des Wandels bereits massiv beschleunigt – und das Bemerken wir in vielen Bereichen deutlicher als wir es gerne hätten. Durch Apple begann der Hype um Smartphones, die das Mobiltelefon ausgelöscht haben und zu einem unverzichtbaren Teil unseres Lebens gehören. Tesla wird innerhalb von fünf Jahren zum wertvollsten Autohersteller und ist wertvoller als BMW, Daimler und VW zusammen. Amazon und der E-Commerce löschen langsam aber sicher den Einzelhandel aus, Google wird durch Adwords zum größten Werbekonzern der Welt, Facebook wird durch seine vier Mrd. Nutzer zum größten Medienkonzern ohne eigene Inhalte und Airbnb wird der größte Anbieter von Unterkünften ohne eigene Immobilien. Seit Anfang 2020 gibt es eine weitere, fast unsichtbare Technologie, die unser Leben verändert hat und wahrscheinlich auch weiter verändern wird – die Corona-Pandemie.

Am 16. März 2020 wurden in NRW alle Schulen wegen dem Corona-Virus geschlossen. Für viele Schulen kam der Virus unvorbereitet und sie kämpfen seitdem mit der Aufgabe der Ministerien, den Unterricht als „lernbegleitendes Angebot“, „distance learning“ oder Distanzunterricht wenigstens in einer Grundform aufrecht zu erhalten um

  1. weiter Lerninhalte zu vermitteln (Sachkomponente) und
  2. einen strukturierten Alltag für die Schülerinnen und Schüler (SuS) und Lehrerinnen und Lehrer (LuL) aufrecht zu erhalten (humane und politische Komponente).

Mit dem 11.Januar 2021 wiederholt sich das Szenario.

2. Präsenz- versus Distanzunterricht

Unterricht gab es in Deutschland bis zum ersten Corona-Lockdown nur als Präsenzform. Ab dem 16. März 2020 ist auch der Distanzunterricht zu einem festen Bestandteil der Unterrichtsformen geworden, und er sollte es auch dauerhaft bleiben. Die Vor- und Nachteile des Präsenzunterrichts liegen auf der Hand:

Vorteile des Präsenzunterrichts:

  • bekanntes/gewohntes Format (SuS/LuL/Familie)
  • direkte Unterstützung im Lernprozess
  • direkte Leistungsbewertung
  • Gewohnte Alltagsstruktur
  • Leichtere Gestaltung des Beziehungs- und Kontaktgeschehens
  • Unmittelbarere Hilfe- und Unterstützungsleistungen

Nachteile des Präsenzunterrichts:

  • Ansteckungsgefahr …
    Anfahrt/Abfahrt, Unterricht, Pausen
  • ständig sich ändernde Hygienemaßnahmen
  • Angst vor Ansteckung
  • ungemütliche/ungeeignete Lernumgebungen
    -> „Wohlfühlcharakter“
  • Störungen des Lernprozesses durch Mitschüler*innen
  • Schwächung der Eigenverantwortlichkeit durch verstärktes Einfordern von Hilfe- und Unterstützungsleistungen

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie gehört aber auch in allen Schulen der Distanzunterricht (oft auch als Homeschooling oder Fernunterricht bezeichnet) zum Unterrichtsgeschehen dazu.

Das Erich-Gutenberg-Berufskolleg (EGB) ist deutschlandweit die wohl erste berufliche Schule, die Ende 2015 die Idee eines digital gestützten synchronen Lernens auf Distanz konzeptionell entwickelt hat. In ausgewählten Lerngruppen der Bildungsgänge „Büromanagement“ und „IT-Kaufleute“ wurde dieses im Rahmen des von der Schulaufsicht genehmigten Modellversuchs „school@home“ in Projektform erprobt. Ohne das Szenario einer Pandemie vor Augen gehabt zu haben, wollte die Schule mit „school@home“ Auszubildenden die Möglichkeit geben, auf Wunsch auch in Krankheitsfällen von zu Hause oder vom Krankenhaus aus am regulären Unterricht teilnehmen zu können.

Die Schule verstand dieses Konzept auch als Antwort auf eine sich zunehmend zum Digitalen hin verändernde Gesellschaft, eine von globalisierter Wirtschaft geprägte Arbeitswelt und einen durch soziale Netzwerke erweiterten Arbeits- und Lebensraum.

„school@home“ schloss sich als natürlicher Schritt an das 2013 eingeführte BYOD-Konzept der Schule an. In Verbindung mit einem schulweiten WLAN brachten Auszubildende ihre Endgeräte – egal ob Android, Apple oder Windows – mit in den Unterricht und dockten damit an der schulweiten Lernplattform an. Ein solches „learning with any device, anytime, anywhere“ ermöglichte ein orts- und zeitunabhängiges Arbeiten mit den schulischen Unterrichtsmaterialien und die Möglichkeit einer permanenten Kommunikation aller Beteiligten.

In der aktuellen Corona- Pandemie konnte das EGB hierauf sehr gut aufbauen, während sich sehr viele Schulen gezwungen sahen, sowohl die eigene Schulorganisation als auch das Lehren und Lernen mit und über digitale Medien nahezu zeitgleich sowohl zu entwickeln als auch praktisch umzusetzen.

Vorteile des Distanzunterrichts:

  • Aufrechterhaltung des Unterrichts bei Lockdown
  • einfacher Infektionsschutz
  • Bessere/schnellere Abstimmung mit Kolleg*innen möglich
  • Stärkere Betonung von Selbststeuerung und Eigenverantwortlichkeit
  • Gemütliche Lernumgebung -> „hoher Wohlfühlcharakter“
  • Keine Angst vor Ansteckung

Nachteile des Distanzunterrichts:

  • nicht in allen Schulformen/Bildungsgängen realisierbar (Alter & Reife, Persönlichkeit, Vorwissen,…)
  • Materialien zum eigenverantwortlichen Lernen und Arbeiten sind ausgesprochen vorbereitungsaufwendig
  • Gefahr ungleicher Lernumgebungen (digitales Endgerät,
    Internetzugang)
  • Wegfall sozialer Kontakte

Betrachtet man Distanzunterricht ohne den Corona-Filter, dann findet man weitere Vorteile wie die Aneignung der heute und zukünftigen transversalen Kompetenzen Kommunikation und Kollaboration, wie sie in den 21st Century Skills beschrieben sind. Die weiter zunehmende Globalisierung, die Verschiebung des wirtschaftlichen Schwerpunktes Richtung Asien (Seidenstrasse, Greater Bay Area Shenzhen) werden weitere Kompetenzen wie Medienhandhabung, kulturelle und sprachliche Kenntnisse, Verhaltensdispositionen, Eigenverantwortlichkeit und Selbststeuerung, Zielorientierung und Anpassungsfähigkeit sowie Kreativität und lösungsorientiertes Vorgehen benötigen – die insbesondere auch sehr gut durch Distanzunterricht vermittelt werden können.

Die zweite Alternative zum Präsenzunterricht ist die Kombination von Präsenz- und Distanzunterricht, auch als Hybridunterricht oder Flex-School bezeichnet wird. Alle drei  Unterrichtformen werden derzeit in Schulen mehr oder minder umgesetzt. Der Einsatz von Hybrid- und Distanzunterricht ermöglicht es den Schulen in Corona-Zeiten, den für den Präsenzunterricht benötigten Raum zur Verfügung zu stellen, um bspw. auch die zwingend notwendigen Abstandsregeln in den Klassenräumen zu garantieren, die unbedingt aufrecht erhalten bleiben sollten.

Denn entgegen vieler Medienberichte und dem Wunsch vieler Politiker, die Schulen auch im Lockdown offen zu halten ist eines sicher: Schülerinnen und Schüler sind ein wesentlicher Teil des Infektionsgeschehens[1].

[1] Leopoldina weist erneut auf Einhaltung von Schutzmaßnahmen in Schulen hin

Das impliziert die Folgerung und Forderung, auch nach dem Öffnen der Schulen sowohl die Abstandsregeln im Klassenraum als auch die Maskenpflicht im Unterricht aufrechtzuerhalten!

Nach neuen Studien aus der Schweiz zählen Schulschließungen sogar zu den effektivsten Anti-Corona-Maßnahmen[2] – in Deutschland aber sicherlich zu den unpopulärsten Maßnahmen.

[2] Schweizer Studie: Schulschließungen zählen zu effektivsten Anti-Covid-Maßnahmen (msn.com)

Hybridunterricht bietet sich insbesondere in den sogenannten SmartPhone-Klassen an. Hier könnten die schwierigen Selbstlernphasen des Distanzunterrichts mit SmartPhones im Präsenzunterricht vorbereitet werden.

3. Distanzunterricht – asynchron versus synchron

3.1. Asynchroner Distanzunterricht

Viele Lehrer und Schulen, die sich bisher nicht mit dem Konzept des Distanzunterrichts auseinandergesetzt haben, nutzen vorwiegend E-Mails, um den SuS Aufgaben zu übermitteln und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Dies geschieht entweder schon über eine vorhandene Lernplattform in der alle SuS und LuL auch mit schuleigenen Mailadressen ausgestattet sind oder sie nutzen externe Dienste wie WhatsApp oder private Mailadressen der SuS (obwohl der Einsatz externer Dienstleister für die Kommunikation in Schulen nicht erlaubt ist – ist es besser so, als gar keinen Kontakt zu pflegen). Diese Form der asynchronen Kommunikation ist nicht sehr lernfördernd, da die SuS zum einen zu Hause die Aufgaben ohne direkte Lehrerunterstützung allein bearbeiten müssen. Sie haben keine unmittelbare Möglichkeit nachzufragen, sondern nur die asynchrone Nachfragemöglichkeit per Mail – wann dann die Antwort kommt, ist nicht vorhersehbar. D.h. sie erhalten im Lernprozess nur Hilfe aus dem sozialen Umfeld – sprich den Eltern, den Geschwistern oder dem Austausch durch Mit-SuS. Die humane Komponente – der Dialog mit den LuL – fehlt. Beschwerden vieler Eltern in Corona-Zeiten über diese Art des Lernens gibt es vielfach. Häufigstes Argument gegen diese Form des Unterrichts: Überforderung der SuS und der Eltern. Die SuS erhalten von den LuL Aufgaben mit einem Abgabedatum und müssen schauen, wie sie damit zurechtkommen. Oft fehlt auch die Absprache der LuL eines Klassenteams untereinander, was zu Überschneidung von Abgabeterminen und einer unstrukturierten Aufgabenfülle führte, Konsequenz war an vielen Schulen (auch am EGB) das Abtauchen der SuS und die erschwerte Wiederaufnahme des Kontaktes mit den SuS. Viele SuS begründeten das „Abtauchen“ auch mit nicht vorhandenen Endgeräten, nicht ausreichenden Internet-Verbindungen und zu knappen Budgets für das eigene Mobilfunknetzwerk.

Chancen des asynchronen Distanzunterrichts:

  • Individuelle Förderung außerhalb des Unterrichts
    -> hoher Aufwand
    -> individuelle Aufgabenerstellung
  • Förderung der Selbstorganisation/Selbstlernen
    -> hoher Aufwand
    -> Strukturüberprüfung/Strukturfestigung/Strukturbewertung

Risiken des asynchronen Distanzunterrichts:

  • „Abtauchen“ der SuS
  • keine Unterstützung im Lernprozess
  • keine Struktur im Alltag
  • Überforderung der SuS/Familie
  • Schwierige Leistungsbewertung

Fazit:
Asynchroner Distanzunterricht ist keine Alternative zum Präsenzunterricht

3.2. Synchroner Distanzunterricht

Synchroner Distanzunterricht bedeutet idealerweise Unterricht nach Stundenplan über eine Lernplattform in Form einer Audio-/Videokonferenz. Einige Schulen – wie bspw. das EGB – haben bereits seit längerer Zeit auch das Thema Distanzunterricht auf dem Schirm und waren dieser Krisensituation auf den ersten Blick problemlos gewachsen. Das EGB verfolgt seit vielen Jahren ein eigenes SmartSchool-Konzept, indem auch das Distanzlernen – am EGB das school@home – Konzept, Berücksichtigung findet. School@home bedeutet im Schulalltag Projekttage, um die 21st Century-Skills Kommunikation und Kollaboration im Zeitalter der Globalisierung zu fördern.

Technisch umgesetzt wurde das Konzept bereits ab 2013 mittels Skype und der Lernplattform Office365. Auf der Basis dieser Technologie realisiert z.B. der E-Commerce-Bildungsgang am EGB nun zu Corona-Zeiten ein „lernbegleitendes Lernangebot“, dass dem normalen Stundenplan gleicht. Die Teilnahme-Quoten der Schüler liegen derzeit in den E-Commerce-Klassen bei fast 100%! Einen Dank an dieser Stelle an die Ausbildungsbetriebe, die ihren Auszubildenden in diesen schweren Zeiten ein zusätzliches Stück Normalität und Stabilität durch die Teilnahme ermöglichen. Die SuS erfahren am EGB in diesem Bildungsgang ein durchgängiges Lernen und Arbeiten ohne Papier. Alle Dokumente werden digital in einer Sharepoint-Bibliothek innerhalb von Teams gespeichert. Die Kommunikation und Koordination des Schulalltags erfolgen über Mail und Chat innerhalb von Teams. Sofort- oder Teams-Besprechungen ermöglichen einen synchronen Unterricht mit Einzel- oder Gruppenarbeit, der Besprechung von Lernergebnissen im Plenum, der Einbindung weiterer Software über das Teilen von Bildschirmen bis hin zur Rechnerübernahme. Unterrichtssequenzen – bspw. Vorträge von SuS oder LuL werden aufgezeichnet und stehen als Lernmaterial, als Lernsicherung oder als Informationsmaterial für fehlende Schüler zur Verfügung. Die Resonanz der SuS auf diese alternative Unterrichtsform in Corona-Zeiten ist durchweg positiv – in ersten Evaluationen sprechen die SuS sogar von einem effektiveren Unterricht als vor Ort. Die Wohlfühl-Umgebung des eigenen Heims und Nachhaltigkeitsaspekte spielen hierbei eine große Rolle (Zeit für An- und Abfahrt, Spritverbrauch, Kosten für den öffentlichen Nahverkehr).

Abbildung 1- Evaluation im E-Commerce-Bildungsgang

Chancen des synchronen Distanzunterrichts:

  • Anwesenheit überprüfbar
  • Leistungsbewertung möglich
  • Unterstützung im Lernprozess
  • Struktur im Alltag
  • Ungestörtes Lernen und Arbeiten

Risiken des synchronen Distanzunterrichts:

  • Ungleiche Lernumgebungen
    (Endgerät, Internet-Zugang)
  • Gefahr des „Wegduckens“
  • Methodische Vereinseitigung

Fazit:
Synchroner Distanzunterricht ist – unter Berücksichtigung pädagogisch-didaktischer Gesichtspunkte – eine gute Alternative zum Präsenzunterricht und dem asynchronen Distanzunterricht in jedem Fall vorzuziehen

4. Voraussetzungen für den Distanzunterricht

Damit Distanzunterricht in seiner Gänze umsetzbar ist, benötigt es einiger Voraussetzungen. Dazu gehören sowohl technische, organisatorische, pädagogische als auch didaktische Elemente.

4.1. Technische Voraussetzungen

Die technische Infrastruktur in einer Schule sollte heute soweit sein, dass neben einem flächendeckenden WLAN eine ausreichende Anzahl an mobilen Endgeräten zur Verfügung stehen (CYOD – choose your own device) und eine Lernplattform sich im Einsatz befindet.

Leider wird sowohl in der Politik als auch in den Schulen viel zu viel über diese technischen Details gestritten. Im Endeffekt spielt es keine große Rolle von welchem Anbieter welche Komponenten zum Einsatz kommen – Hauptsache die Schule versteht sich in der Umsetzung der Technologien. Obwohl natürlich eine Abstimmung mit der Schul-Infrastruktur, d.h welche Endgeräte werden von SuS oder LuL favorisiert oder sind bereits im Einsatz, letztendlich bessere Ergebnisse ergeben würde. Eine Schule, die bisher schwerpunktmäßig Apple-Endgeräte im Einsatz hat, wird nicht viel mit Windows-Endgeräten anfangen können und umgekehrt.

An vielen Schulen sind aber auch bereits viele LuL mit eigenen Endgeräten im Unterricht unterwegs. Ob es hier sinnvoll ist (sowohl wirtschaftlich, organisatorisch als auch anwendungstechnisch), diesen LuL noch ein weiteres Endgerät zur Verfügung zu stellen, ist fraglich und nicht sonderlich ressourcenschonend. Und auch hier stellt sich dann noch die Frage, welches Dienstgerät (Apple oder Windows) erhalten die LuL bzw. mit welchem Dienstgerät würden die LuL gerne arbeiten.

Für den Distanzunterricht endet aber die technische Infrastruktur nicht in der Schule, sondern bei der Verfügbarkeit von Endgeräten bei den SuS und den LuL. Des Weiteren muss auch von zu Hause oder dem Ausbildungsbetrieb eine ausreichende Internetanbindung/Bandbreite zur Verfügung stehen.

Die nicht ausreichende Anzahl an mobilen Endgeräten bei SuS und LuL wird derzeit durch die Anschaffung solcher Endgeräte durch den Digitalpakt verringert – leider erfolgt die Umsetzung viel zu langsam. Wir haben den zweiten Schullockdown und viele Schulen haben noch keine mobilen Endgeräte erhalten! Damit Homeschooling trotzdem in allen Klassen gelingen kann, benötigen wir neben dem CYOD-Konzept auch ein Smartphone-Konzept. Ein Smartphone befindet sich heute statistisch bereits im Besitz fast jeden Schülers – und hier müssen wir anknüpfen. Mit einem Smartphone-Konzept kann zumindest ein Hybridunterricht umgesetzt werden, welcher später dann zu einem vollständigen Distanzunterricht führen könnte.

Die Geräte verbleiben aber weiterhin im Schuleigentum und müssen dadurch auch von der Schule verwaltet und konfiguriert werden. Und es besteht trotz Pandemie immer noch kein einheitlicher politischer Wille, allen SuS während ihrer Schulzeit ein mobiles Endgerät dauerhaft zur Verfügung zu stellen. BYOD (bring your own device)- bzw. SmartPhone-Konzepte werden weiterhin für alle Schulen eine Notwendigkeit bleiben, um dauerhaft ein mediales 1:1-learning oder Distanzunterricht schulweit umsetzen zu können.

Eine Lösung für die fehlende oder zu schwache Internetanbindung von zu Hause aus ist im Moment nicht in Sicht. Mögliche technische Lösungen wären eigene Schul-SIM-Karten für SuS oder der Ausbau von öffentlichen Hotspots. Die Finanzierung eigener DSL-Anschlüsse für SuS – ähnlich wie Unternehmen das einigen Mitarbeitern für das Home-Office anbieten – wird finanziell und politisch nicht realisierbar sein.

Das Thema Lernplattformen stellt bundesweit derzeit eher ein Plattform-Debakel dar. Hier hat sich bisher kein Standard etabliert – die Gründe sind mannigfach, von der Angst der Abhängigkeit zu großen Internet-Anbietern, von der mangelnden Funktionalität der Plattform, von zu hohen Kosten oder bspw. vom Thema Datenschutz.

Für den Distanzunterricht benötigt man Multichannel-Plattformen wie bspw. Office365, d.h. sie müssen Mails, Chats (Einzel/Gruppen/Plenum), Audio- und Videokonferenzen unterstützen, Arbeitsräume für Gruppenarbeit anbieten, eine Anwesenheitskontrolle und Benutzersteuerung vorhalten(bspw. Stummschaltung), eine Aufgabenverwaltung in Form einer Workflow-Überwachung besitzen, Protokoll- und Suchfunktionen beinhalten, Dateiablage mit genügend Speicherplatz vorhalten, eine Software-Umgebung mit Erweiterungsmöglichkeiten anbieten (Office-Programme, Gruppenplaner wie bspw. Beedle), hohe Verfügbarkeit und Stabilität vorweisen und so geringe Kosten wie möglich nach sich ziehen.

Viele von den Schulträgern zur Verfügung gestellten Plattformen erfüllen nicht die Anforderungen eines zeitgemäßen digitalen Unterrichts – einigen Plattformen fehlt bspw. bis heute ein Videokonferenz-Modul. Die Entwicklung dieser Plattformen dauert sehr viele Jahre, ist sehr teuer und endet meist damit, dass Schulen sie nicht einsetzen wollen, da seit Jahren bereits andere, bessere Plattformen genutzt werden und ein Umstieg bedeuten würde, dass man „quasi wieder bei Null“ anfängt.

4.2. Organisatorische Voraussetzungen

Ein wesentlicher Faktor zum Unterrichtserfolg ist die Aufrechterhaltung des normalen Stundenplans im Distanzunterricht. Dazu gehören der pünktliche Unterrichtsbeginn, die Einhaltung der Pausen, der Wechsel der Lehrer sowie auch das Unterrichtsende.

Distanzunterricht bedeutet räumlich, dass die SuS und/oder die LuL den Unterricht außerhalb des Schulgebäudes ausführen. SuS befinden sich entweder zu Hause oder bei SuS aus dem dualen System im Ausbildungsbetrieb. In beiden Fällen müssen den SuS ruhige, abgetrennte Räume zur Verfügung stehen, in denen sie konzentriert und in Ruhe lernen können. Sollte das einzelnen SuS nicht möglich sein, so kann eine Schule den Raum für den Distanzunterricht auch innerhalb der Schule zur Verfügung stellen durch entsprechend konzipierte Selbstlernzentren.

4.3. Pädagogische Voraussetzungen

Distanzunterricht braucht Regeln und eine Struktur!

Abbildung 2 Regeln für den Distanzunterricht im E-Commerce-Bildungsgang (Jaqueline Fuhrmann)

Hilfreich sind hier einheitliche Regelungen, die von allen Beteiligten vorgelebt und gelebt werden. Grafische Zusammenfassungen haben sich dafür etabliert und geben einen schnellen Überblick über den Distanzunterricht wieder.

Neben dem Kompetenzzuwachs in Kommunikation und Kollaboration erweitern die Schüler ihre Methodenkompetenzen (wie geht man bspw. damit um, wenn Verbindungen abbrechen) und insbesondere auch ihre Sozialkompetenzen: In einer Audio-/Videokonferenz muss man sich zurücknehmen können und Rücksicht üben, nicht immer drauflosreden und strukturiert und diszipliniert arbeiten und handeln.

4.4. Didaktische Voraussetzungen

Damit Distanzunterricht realisiert werden kann, müssen sowohl die SuS als auch die LuL im Umgang mit Distanzunterricht geschult sein und bereits ein Mindestmaß an Medienkompetenz besitzen. Ein Umstieg vom Präsenzunterricht zum Distanzunterricht ohne vorherige Schulungen, wie er am 16. März 2020 in vielen Schulen notwendig war, ist zum Scheitern verurteilt. Zum einen müssen die SuS sowie die LuL die mobilen Endgeräte bedienen können. Das funktioniert am besten mit eigenen Geräten, den diese Geräte werden von allen Teilnehmern sowohl beruflich als auch privat eingesetzt und sind mit der benötigten Software ausgestattet und bekannt. Des Weiteren sind die eigenen Geräte nicht gemanaged, d.h. man kann benötigte Software problemlos selbst nachinstallieren. Am EGB sind diese Voraussetzungen gegeben, da wir seit 2013 ein BYOD-Konzept verfolgen und dieses im Laufe der Jahre schulweit ausgeweitet haben. Seit Sommer 2020 wurde das BYOD-Konzept durch ein SmartPhone-Konzept erweitert. Die SuS bringen ihre eigenen mobilen Endgeräte mit in den Unterricht, egal ob es sich dabei um ein Android-, Apple- oder Windows-Endgerät handelt.

Die SuS der BYOD- und SmartPhone-Klassen erhalten zum Schuljahresanfang eine Schulung durch ein Lehrer-Team bestehend aus Klassenlehrern, Administratoren und SuS der eScout-Gruppe. Alle Geräte werden auf ihre Einsatzfähigkeit geprüft, alle benötigten Programme werden zusammen eingerichtet und alle Benutzerkonten auf Funktionalität geprüft (Password-Test, Verbindung mit dem schulweiten WLAN, Einwahl in die Lernplattform, Test des Klassen-Mail-Verteilers, Zugang zum virtuellen Klassenraum). Die methodische und didaktische Umsetzung des Unterrichts sollte von Sitzung zu Sitzung gesteigert werden, um die notwendigen Funktionen kennenzulernen und die dazu gehörenden Kompetenzen zu erwerben. Dafür wurden am EGB Kann-Listen in der Ausprägung Basic und Professionell für die SuS und LuL entwickelt, die ab sofort den Kompetenzstandard in den verschiedenen Klassen und Bildungsgängen darstellen.

Kann-Liste Teams „Basic“

Pos. Kompetenzen
  Ich kann…
1 Teams mit der App (herunterladen und installieren) oder über die Webseite aufrufen
2 in einem Team den Kanal Allgemein nutzen
2 in einem Team einen weiteren Kanal (für das eigene Fach) anlegen
3 in einem Kanal eine Unterhaltung bzw. einen Beitrag (Menü Beitrag) starten und dort Dateien hinzufügen, Gifs oder eMojis posten
4 in einem Kanal Dateien abspeichern (Menü Dateien), eine Ordnerstruktur erstellen und Dateien hoch – und herunterladen
5 über den Teams-Kalender eine Besprechung planen (einmalig oder als Serientermin) und einrichten (Benutzer einladen, Termin festlegen, an einen Kanal binden)
6 einer Besprechung beitreten und in der Besprechung mein Audio- und Video einsetzen, die Teilnehmer anzeigen lassen, in der Besprechung am Chat teilnehmen und meinen Desktop, einen Bildschirm, ein Fenster oder eine Päsentation teilen (Steuerleiste bedienen) – dafür muss ich die Unterschiede zwischen Desktop, Bildschirm und Fenster kennen
7 in einer Besprechung einzelne Schüler oder Gruppen kontaktieren über einen Anruf (Audio-Anruf) oder eine Videobesprechung (Video-Anruf)
8 den Unterrichtsprozeß steuern durch Nutzung des Chats, der Meldefunktion (Hand heben), der Stummschaltung anderer Mikrofone, dem Einladen weiterer Schüler oder Gäste zur Besprechung, die Anwesenheitsliste herunterladen und speichern (geht nur als Organisator), Schüler zurück in die Besprechung holen (Teilnahme anfordern)
9 Dateien während der Besprechung in den Chat einstellen und und dadurch mit Arbeitsaufträgen verknüpfen
10 das Aussehen, die Ansicht von Teams individuell anpassen – Reihenfolge der Teams, Teams ausblenden oder weitere Apps einbinden
11 eine Besprechung beenden
12 mit @ eine Person oder Gruppe erwähnen

Kann-Liste Teams “PROFESSIONELL”

Pos. Kompetenzen
  Ich kann…
1 die Aufgabenverwaltung einsetzen, d.h. eine Aufgabe erstellen, Dokumente anfügen und eine Terminplanung durchführen
2 gestellte Aufgaben überwachen und den Schülern eine Rückmeldung dazu geben – dazu gehören die erfolgte/nicht erfolgte Rückgabe der Aufgaben, Korrekturen oder Bemerkungen (Punkte oder Noten dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht genutzt werden!)
3 ein Kursnotizbuch (OneNote Classbook) einsetzen – entweder als Protokoll oder als Lernumgebung
4 eine Sofortbesprechung aus einem Kanal starten – oder diese auch für später planen (Vorteil des Wegs über den Kanal: Von SuS direkt im Fach auffindbar)
5 Schülern eine zweite Besprechungsumgebung einrichten als Besprechung oder als Chat
6 die Aufzeichnungsmöglichkeit einer Besprechung nutzen, den Speicherort des Videos finden (Kanal oder Microsoft Stream), das Video herunterladen , die Auszeichnung beenden
8 beim Teilen mit dem Whiteboard arbeiten
9 ein eigenes Team erstellen (auf Namenskonvention achten) und das Team verwalten (Mitglieder hinzufügen, löschen, den Link zum Team nutzen, das Team löschen)
10 private Kanäle im Team hinzufügen
11 weitere Menüs in Kanälen einbinden (Webseiten, Kalender, Apps, etc)
12 Teilgruppen für das kollaborative Arbeiten bilden
13 Ein Kahoot o.ä. in einer Besprechung einsetzen
14 Veränderung der Schreib- und Leserechte von Ordnern und Dateien.

Weitere Fortbildungskonzepte wie die regelmäßigen, internen Fortbildungen für LuL durch die digitale Steuergruppe sowie das Fortbildungskonzept my eWorld bereiten das Kollegium des EGB auf die fortlaufenden Entwicklungen in der Digitalisierung vor.

5. Umsetzung von Distanzunterricht

Die praktische Umsetzung von Distanzunterricht ist selbstverständlich abhängig von den LuL sowie vom Fach. Fachinhalte werden im Präsenzunterricht von jedem LuL unterschiedlich konzipiert und realisiert – das ist im Distanzunterricht nicht anders. Im Zeitalter der Digitalisierung hat man aber aufgrund der Internet-Philosophie des Teilens mehr Möglichkeiten, viele unterschiedliche Unterrichtskonzepte kennen zu lernen. LuL, die noch nie oder nur sehr selten Distanzunterricht durchgeführt haben, können durch digitale Hospitationen bei anderen LuL zuschauen und gute Ideen für ihren eigenen Unterricht transformieren.

Trotzdem sollten im Distanzunterricht wiederkehrende Strukturen geschaffen werden, unabhängig von den Klassen, dem Fach oder den LuL.

 5.1. Unterrichtsbeginn

Nach dem Unterrichtsbeginn sollte am Anfang eine Tagesübersicht erfolgen – am EGB umgesetzt durch eine Powerpoint-Präsentation. Im Gegensatz zum Präsenzunterricht, der in der Regel immer nach dem gleichen Plan abläuft, gibt es im Distanzunterricht zu Corona-Zeiten doch immer wieder kurzfristige Änderungen. So bietet der Distanzunterricht sofort Struktur.

Abbildung 6- Agenda-Folien

Der erste Besprechungspunkt ist dann direkt die Feststellung der Anwesenheit. Dies kann in Microsoft Teams bspw. durch das Herunterladen der Anwesenheitsliste erfolgen – die Liste steht dann als Excel-Datei im Download-Ordern zur Verfügung. Zugriff auf die Anwesenheitsliste hat aber nur der Besprechungsorganisator.

Abbildung 7- Teams-Anwesenheitsliste

Alternativ und an dieser Stelle auch mehr als sinnvoll ist der Einsatz eines digitalen Klassenbuches. Das EGB hat sich nach einer langen Testphase für den Schulmanager-Online entschieden, welcher aus Office365 heraus eine SSO-Anmeldung ermöglicht (d.h. in Office365 anmelden und dann ohne weitere Anmeldung zum Klassenbuch wechseln).

Abbildung 8- Schulmanager-Online

Die Tagesübersicht bringt mehrere Vorteile mit sich:

  • man kommt mit der Klasse zu Beginn den Unterricht ins Gespräch
  • man kann Abwechslung bereits zu Beginn einbinden, bspw. den Adventskalender
  • durch Protokollführung werden die Stunden dokumentiert und Fehlende haben die Möglichkeit sich eine gute Übersicht über vergangene Stunden zu verschaffen
  • die SuS erhalten einen Überblick über den zu vermittelnden Inhalt des Tages und die teilnehmenden LuL
  • die Tagesübersicht selbst ist – neben dem Klassenbuch – ein weiteres Tages-Dokument

5.2. Unterrichtsverlauf

Der Unterrichtsverlauf sollte den Prinzipien des guten Unterrichts folgen und unterscheidet sich somit nicht vom Präsenzunterricht. Die Lerninhalte sollten von realitätsnahen Lernsituationen ausgehen. Sie sollten auf die Erstellung von Handlungsprodukten hin abgestellt sein und in Zeiten digitalen Wandels einen Unterricht, in dem sich selbstgesteuert, problemorientiert und individuell Potentiale entfalten können, gewährleisten. Das wegweisende Ziel, Lerninhalte zu entwickeln, die in Zeiten digitalen Wandels zukunftsweisend Unterricht gewährleisten, verfolgen wir langfristig über die drei Grundprinzipien Selbststeuerung, Problemorientierung und Differenziertheit. Selbstgesteuert bedeutet dabei, dass der Handelnde wesentliche Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann – „learning with any device, anytime, anywhere“. Strukturierte und organisierte Hilfen (Kann-Listen, Punktekonten, Lerntagebücher, Zielvereinbarungen, Reflexionen) sowie ein notwendiges Maß an Instruktionen unterstützen die Lernenden dabei, diese Kompetenzen zu entwickeln.

Anders verhält es sich mit dem Medieneinsatz. Statt analoger Medien stehen im Distanzunterricht fast nur digitale Medien zur Verfügung. Hier sollte ein steter und zum Teil überraschender Medienwechsel eingesetzt werden – dazu gehören Whiteboards um gemeinsam Unterricht an einer „Tafel“ zu entwickeln, Gruppen-Tools mit Beedle, Kollaborationsräume und Chats für Gruppenarbeit, Quiz mit Kahoot, Abfrage- und Evaluationsmöglichkeiten mit Microsoft Forms, aktive Pausen …

Die Aufzählung ist natürlich nicht vollständig und lässt sich täglich durch neue Medien ergänzen. Es vergeht kaum an Tag, an dem eine Kollegin oder Kollege nicht etwas Neues findet und ausprobiert…

Einzel- und Gruppenarbeitsphasen müssen durch die LuL begleitet und geleitet werden. Dazu schaltet man sich regelmäßig in die entsprechenden Kollaborationsräume hinzu oder ist dauerhaft als Ansprechpartner verfügbar. Dazu gehört dann auch die Überwachung der verschiedenen Kommunikationskanäle. SuS, die einen LuL nicht erreichen, versuchen es oft kein zweites Mal und tauchen irgendwann ab oder akzeptieren nicht mehr die Ernsthaftigkeit von Distanzunterricht. Doch gerade im Digitalen kann man – im Gegensatz zum Präsenzunterricht – Kommunikationsversuche erkennen, denn sie bleiben gespeichert. Vorträge, Plenumsdiskussionen oder Gespräche können (müssen aber nicht) gespeichert werden. Hierbei sollte man unbedingt berücksichtigen, sich die Erlaubnis einer Aufnahme im Vorfeld einzuholen.

Aufgaben- und Zeitvorgaben innerhalb der Unterrichtsstunden sollten für die SuS immer schriftlich dokumentiert sein, sehr einfach und schnell geht dies über einen integrierten Klassenchat. Der lässt sich auch dazu nutzen, Links oder Dokumente zeitnah an die Klasse weiterzugeben.

Über den Unterricht hinausgehende Aufgaben an SuS können durch ein Workflow-Tool zeitlich koordiniert werden.

Abbildung 9- Teams Aufgabenverwaltung

5.3. Unterrichtsende/Unterrichtsübergabe

Das Unterrichtsende in einem Fach bzw. die Unterrichtsübergabe spielt im Distanzunterricht eine wichtige Rolle. Ein Zusammentreffen der SuS bspw. im Klassenchat und eine Verabschiedung zum Ende der Stunde stärkt die Unterrichtsstruktur und stellt das Pendant zum physischen Verlassen des Klassenraums dar.

In den Pausen besteht für die LuL die Möglichkeit über eine kurze Audio-/Videokonferenz den Übergang oder Besonderheiten der letzten Stunde kurz abzuklären – was im Präsentunterricht oft scheitert, da die Wege in der Schule zu lang sind oder man aufgehalten wird. Auch ein Dazuschalten von LuL in einem laufenden Unterricht erhöht bei SuS den Eindruck der besseren Abstimmung des Unterrichts der LuL untereinander.

6. Leistungsbewertung im Distanzunterricht

In NRW werden die im Distanzunterricht erbrachten Leistungen – und das können beispielsweise sein mündliche Beiträge, Handlungsprodukte in Form von Aufgabenblättern, Präsentationen, Grafiken oder Videos, Projektarbeiten, Lerntagebücher, Schreibaufträge oder Chatbeiträge – in die Bewertung der sonstigen Leistungen einbezogen (Stand 02.10.2020 – gültig bis zunächst bis zum 31.07.2021).

Das Schreiben von Online-Klausuren ist derzeit von Seiten der Ministerien noch nicht vorgesehen oder erwünscht. Schriftliche Arbeiten finden weiterhin im Rahmen des Präsenzunterrichts statt, dürfen aber immerhin auf Inhalte des Distanzunterrichts aufbauen.

Kommende Technologien wie bspw. In-Ears, digitale Tattoos, SmartWatches oder SmartGlasses in Verbindung mit einem SmartPhone und einer permanenten Internetverbindung werden schriftliche Arbeiten wie Abschlussprüfungen, Tests oder Klausuren im Präsenzunterricht in Zukunft massiv verändern. Die LuL werden es in Zukunft (und vielleicht auch jetzt schon) nicht mehr verhindern können, dass die SuS den permanenten Kontakt zum Internet auch unbemerkt einsetzen. Prüfungen und Leistungsstanderhebungen müssen sich daher zwangsläufig verändern und anpassen, die Aufgabenstellungen müssen dies berücksichtigen und das Internet sowohl zeitlich als auch inhaltlich mit einplanen.

7. Zertifizierung/Qualifizierung von Distanzunterricht

Qualifizierter Distanzunterricht lässt sich durch festgelegte Kriterien beschreiben und kann durch eine Kriterienliste hin zu einer Zertifizierung führen. Guter Distanzunterricht und guter Präsenzunterricht haben aber eines gemeinsam – guten Unterricht muss man leben und vorleben!

8. Datenschutz und Datensicherheit

Das Thema Datenschutz und Datensicherheit spielt in Deutschland zu Recht eine wichtige und ausschlaggebende Rolle. Damit deutsche Schulen im Zeitalter der Pandemien weiterhin funktionieren und im Rahmen der Globalisierung konkurrenzfähig mit ausländischen Schulen bleiben, müssen Datensicherheit und Datenschutz professionell in die zukünftige Entwicklung eingebunden sein. Sie dürfen sich nicht zu einem Hemmschuh für den Distanzunterricht und die zukünftige Entwicklung von Schulen entwickeln.

Cyberterrorismus nimmt von Tag zu Tag zu – auch wenn wir es noch nicht so offensichtlich miterleben. Jeder Internetserver und jedes Rechenzentrum unterliegen dauerhaften Angriffen, und je interessanter der Server, desto aufwendiger und häufiger werden die Attacken. Datenschutz und Datensicherheit werden noch mehr zur Schlüsselbranche werden – wir alle werden mehr und besseren Schutz benötigen. Security by design wird eine Schlüsseltechnologie für alle kommenden digitalen Produkte – nicht nur im Schuleinsatz – sein.

Schulträger bevorzugen Plattformen, die auf öffentlichen Rechenzentren gehostet werden wie bspw. Logineo NRW, mit den Argumenten des Datenschutzes und der Datensicherheit. Das ist im ersten Moment nachvollziehbar und verständlich. Das Cyberattacken in den kommenden Jahren massiv zunehmen werden, zeigen uns immer wieder Berichte aus den Medien wie bspw. der Hackerangriff auf moodle@RLP am 04.01.2012 (Lesetipp:„Der digitale Weltkrieg“ von Huib Modderkolk). Davon werden auch öffentliche Rechenzentren betroffen sein, und an diesem Punkt sehe ich die Gefahr, dass öffentliche Rechenzentren weit weniger geschützt werden können als die Wirtschaftsplattformen von Amazon, Google oder Microsoft. Das begründet allein schon der Föderalismus, denn öffentliche Schulplattformen in ihrer Menge und Verteilung lassen einen “professionellen” Schutz aus Gründen der personellen Ressourcen und Finanzierbarkeit gar nicht zu. Diese Anbieter unterliegen heute schon täglichen, massiven Angriffsversuchen und beschäftigen mehrere tausend Sicherheitsexperten zum Schutz und zur Sicherheit der gehosteten Daten. Diese Unternehmen können sich Sicherheitslücken schlicht und einfach nicht leisten – und investieren entsprechend viele Ressourcen in die Datensicherheit ihrer Plattformen. Das gilt natürlich auch für die Themen Verfügbarkeit, Performance und Stabilität – Schulen dürfen hier nicht Kunden zweiter Wahl werden. Fallen im Distanzunterricht die Verfügbarkeit, die Performance und die Stabilität aus, dann ist Distanzunterricht nicht möglich.

Sollten sich Schulen für die professionellen Plattformen von großen Internet-Playern entscheiden, dann mit der Ausrichtung keine (oder so wenig wie möglich) personenbezogene Daten abzuspeichern. Noten-, Adresslisten und persönliche Informationen über die SuS gehören nicht in eine Cloud – egal welcher Anbieter dahintersteht. Denn eines hat die Vergangenheit bereits mehrfach auch bei regierungsgestützten Plattformen gezeigt – Daten in der Cloud sind nicht sicher!

9. Ausblick

Distanzunterricht hat großes Potential, den Unterricht in Deutschland auch in einer Pandemie für Schulen aufrecht zu erhalten. Hat sich Distanzunterricht dann in Schulen etabliert, besteht auch die Möglichkeit durch den Distanzunterricht das selbstorganisierende und/oder selbststeuernde Lernen verstärkt zu fördern.

Die Basistechnologien des Distanzunterrichts – das mobile Endgerät und die Online-Lernplattform – werden sich jedoch rasant weiterentwickeln. Vielleicht gilt das nicht für Deutschland – aber viele digital ausgerichtete Länder werden diese Techniken nutzen, um ihrem Nachwuchs, den zukünftigen Teilnehmern der Arbeitswelt 4.0 und auch der eigenen Volkswirtschaft eine Konkurrenzfähigkeit im Zeitalter der Globalisierung anbieten zu können.

Zukünftige Lernplattformen werden aufgrund der hohen Immersionsraten voraussichtlich über Sprach- oder Gestensteuerung mittels VR- oder AR-Brillen bedient, Schnittstellen zu Big Data-Portalen oder dem Internet vorhalten und alle verfügbaren Medien integrieren können. Analoge und auch digitale Schulbücher werden aufgrund ihrer statischen Gestaltung nicht mehr eingesetzt werden. Die Lernplattformen werden aufgrund ihrer Schnittstellen und dahinterliegender KI immer flexibler individuelle Lernmedien zur Verfügung stellen können.

Das EGB verfolgt derzeit im Bildungsgang Kaufleute im E-Commerce drei dahingehende Projekte:

  1. das Projekt Vcademy “ (The virtual academy) – den Aufbau einer Online-Lernplattform mit einer VR-Schnittstelle in Kooperation mit dem Kölner Unternehmen World of VR GmbH, dem Digital Hub Cologne und der Professur für Wirtschaftspädagogik der Universität zu Köln
  2. In Kooperation mit Microsoft und dem Europa-Verlag verfolgen wir die Konzeptidee, mit Microsoft Teams eine Template-Infrastruktur zu gestalten, die dann von jeder Schule sofort implementiert und eingesetzt werden kann. Inhaltlich soll die Infrastruktur aus einer beliebigen Anzahl von Lernsituationen bestehen, die auf unterschiedliche Medien im Internet oder in Verlagen verweist – „Teams als Sprungbrett“ zu Lernmaterialien
  3. In Kooperation mit der Entrance GmbH einen humanoiden PEPPER-Roboter als Einkaufsassistenten einzusetzen

Unterrichtskonzepte mit neurodidaktischen Ansätzen (bspw. das Anknüpfen an vorherigen Lerninhalten, Spaß und Abwechslung im Unterricht, die Stärkung des bewussten Lernens durch Berücksichtigung des unbewußten Lernens) in Kombination mit künstlicher Intelligenz könnten zukünftig das individuelle Lernen stärken. Künstliche Intelligenz in Kombination mit humanoiden Robotern (NAO oder PEPPER) könnte in Zukunft sogar ein personelles 1:1-learning realisieren.

Noch interessanter wäre die Verknüpfung der drei Konzepte – eine VR-/AR-Anbindung in Microsoft Teams mit einer KI/Big Data Schnittstelle mit humanoiden Robotern als Lernassistenten…Gespräche dazu haben wir mit allen Beteiligten begonnen!